Interview mit Martin Daniel
Interview mit Martin Daniel (Geschäftsführer der Hectronic Schweiz AG) in der Sonderausgabe #FOKUSMOBILITÄT des Tagesanzeigers (CH)
Wer mit einem E-Fahrzeug unterwegs ist, kann beim Lade-Stopp eine teure Überraschung erleben: Da die verschiedenen Netzbetreiber unterschiedlich abrechnen, müssen Endkundinnen und -kunden für die Nutzung einer «fremden» Ladeinfrastruktur hohe Zusatzgebühr
Herr Daniel, Ihr Unternehmen bietet Bezahllösungen für das Parkieren und Tanken an. Doch die Hectronic befindet sich gerade in einem Zustand der Neuausrichtung. Wohin führt die Reise?
Es stimmt, dass unsere Expertise bisher im Bereich der Bezahllösungen für Parkautomaten und Tankstellen angesiedelt war. In diesem Feld haben wir mit intelligenten Anwendungen für ein ebenso komfortables wie auch sicheres digitales Zahlen gesorgt. Doch angesichts der Tatsache, dass die nachhaltige Mobilitätszukunft in der E-Mobilität liegt, entwickeln wir uns aktiv zum Lösungsanbieter in diesem Segment weiter. Dabei haben wir einen entscheidenden Vorteil: Unser bestehendes Fachwissen hinsichtlich Bezahllösungen erlaubt es uns, im E-Mobilitätsbereich eine wirklich disruptive, innovative Veränderung anzustossen.
Wie das?
Das Feld der elektrischen Mobilität ist noch vergleichsweise jung und insbesondere die Bezahlung, beziehungsweise die Abrechnung des bezogenen Stroms, stecken noch in den Kinderschuhen. In der Schweiz gibt es verschiedene Anbieter von Ladenetzen, die jeweils ihre eigene Bezahlmöglichkeit entwickelt haben. Dabei handelt es sich um eigenständige Insellösungen. Wer als Kundin oder Kunde eines dieser Unternehmen unterwegs ist, hat meist eine entsprechende Abrechnungskarte in der Brieftasche. Das Problem dabei: Will man die Ladeinfrastruktur eines anderen Anbieters nutzen, berechnet einem dieser hohe Extragebühren, zusätzlich zu einer ebenfalls anfallenden Roaminggebühr. Dieses nicht sehr kundenfreundliche Prinzip kennen wir bestens aus der Mobilfunkbranche. Der heutige Status quo ist für die Nutzerinnen und Nutzer von E-Mobilität enorm intransparent sowie richtig teuer. Deshalb schaffen wir von Hectronic Abhilfe.
Wie tun Sie dies konkret?
Wir übertragen den gleichen Grad an Transparenz und Bezahlkomfort, den man von klassischen Tankstellen kennt, auf die Welt der E-Mobilität. Gemeinsam mit Twint haben wir eine Lösung entwickelt, die es mittels einer technischen Integration erlaubt, den bezogenen Strom an bestehenden sowie neuen Ladestationen bequem zu bezahlen. Mittels Scan eines QR-Codes, der an der Ladesäule angebracht ist, wird die Säule aktiviert und der Ladevorgang gestartet. Die Abbuchung erfolgt am Ende automatisch über die Twint-App. Alternativ können Kundinnen und Kunden auch per Kreditkarte bezahlen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Man muss nicht mehr drei oder mehr Karten verschiedener Anbieter mit sich führen und profitiert dennoch immer vom besten Preis. Zudem bezahlen auf diese Weise alle genau gleich viel, weil die unterschiedlichen Anbieter- und Roaminggebühren wegfallen. Damit räumen wir eine Hürde aus dem Weg, die vielen Leuten den Umstieg auf die E-Mobilität unnötig erschwert hat. Auf diese Weise wird umweltfreundliches Fahren deutlich nutzerfreundlicher, was sich wiederum positiv auf die Akzeptanz und Verbreitung auswirkt.
An wen richtet sich Ihr Angebot?
Wir erachten es für alle Beteiligten der E-Mobilität als eine tolle Win-win-Situation. Ein enormer Nutzen ergibt sich natürlich für die Endkundinnen und Endkunden. Sie müssen sich viel weniger Gedanken darüber machen, an welcher Ladestation und in welchem Netz sie ihr Fahrzeug aufladen möchten. Das ist nicht nur für Private ein Gewinn, sondern auch für alle KMU, die ihre Flotten auf E-Antriebe umrüsten wollen. Diese profitieren von einem Plus an Transparenz und Budgetierbarkeit. Auch allen Privaten sowie Unternehmen, die ihre Gebäude mit Ladestationen ausrüsten möchten, ziehen daraus einen grossen Nutzen: Die Handhabung der Abrechnung wird erleichtert und durch die einfachere Handhabung für die Kundschaft erhält man einen Wettbewerbsvorteil. Gleichzeitig bieten wir unseren Lösungsansatz auch den Netzbetreibern an, die aktuell eine eigene Lösung führen. Das Argument leuchtet ein: Auch wenn man bereits über eine eigene Bezahllösung verfügt, wird die Kundschaft letztlich denjenigen Ansatz bevorzugen, der mehr Einfachheit und Komfort ermöglicht. Und zu guter Letzt sehen wir uns als Partner aller Ladesäulen-Anbieter, die noch keine eigene Bezahllösung betreiben.